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Ein überraschender Besucher: die Trauer.

Ich war einfach nur da.
Ich war am Strand und bin durch den Sand gegangen, habe es meinen Augen gegönnt an nichts hängen zubleiben. Den Horizont nur erahnen zu können.
Mein Blick durfte gleiten und tun was er will.

Die Babymaus schlief in der Trage auf meinem Rücken, der Hasenbub planschte mit dem Besten im Wasser.
Auch meine Gedanken durften laufen.
Durften vom Sand ins Meer waten, den Übergang genießen und einfach herumtollen.
Ich musste keine Bahnen lenken, keine Entscheidungen treffen, einfach Leerlauf.

Und plötzlich begegnete ich ihr. Und war ehrlich überrascht und erfreut zugleich.
Sie war plötzlich da und wollte gesehen werden.
Die Trauer.


Trauer um meinen damaligen Freund, der sich das Leben nahm.

Sein Tod ist 8 Jahre her. 8 Jahre, dass es ihn nicht mehr gibt, es nichts Neues von ihm zu erzählen gibt, er einfach nicht mehr da ist und es keine Hoffnung gibt, ihn je wieder zu sehen.
Doch ich habe seinen Tod verarbeitet, habe ihm für mich seinen Schrecken genommen und diesen Verlust in langer Arbeit liebevoll in mein Leben, meine Erinnerungen und meine Vergangenheit eingegliedert.

Anfangs besuchte mich die Trauer verlässlich und fast planbar rund um den Todestag und oftmals im Herbst, der damals im ersten Jahr die intensivste Trauerphase war.
Nach einigen Jahren wurde es immer weniger. Seit langem denke ich ohne Schmerz oder Ähnlichem an ihn.

Deshalb war ich überrascht, die mir wohlbekannte Trauer plötzlich mitten am Strand zu treffen. Wie einen alten Freund.
Ich ließ sie das Steuer übernehmen und weinte. Einfach so von Herzen.
Ich weinte um meinen Freund, der seit 8 Jahren tot ist. Der, auch ohne tot zu sein, nicht mehr in meinem Leben wäre. Ich weinte über seine Verzweiflung, die so groß war, dass er keinen Ausweg mehr sah.
Ich weinte um die ungelebten Jahre, die er nicht mehr erleben konnte, weil er nicht mal 30 Jahre wurde.
Ich weinte über die Erinnerungen, die unerinnert bleiben werden, weil nur mehr ich zum erinnern da bin.

Die Tränen durften, gleich wie meine Blicke und meine Gedanken, laufen. Und es war gut.
Es war, als wäre ich in den Hintergrund getreten, hätte die Kontrolle abgegeben.

Und dann… Dann war es vorbei. Die Tränen trockneten, ich war wieder da. Erleichtert und dankbar.
Ich beschloss, dass es schön ist, auch nach Jahren noch um jemanden zu trauern. Wen intensiv zu erinnern. Zu beweinen.
Es ist schön, denn so bekommt dieser Mensch und sein Leben Präsenz. Ein Stückchen Existenz in diesem neuen Leben. Nicht unangenehm. Nicht vordergründig.
Einfach nur anwesend und da. Auf eine gute Weise.

Das ist wohl der Lohn, für die harten Zeiten der Trauer..
Im Guten weinen zu können.


Und dann dankbar zu seinen Lieben zurück zu kehren.


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2 Kommentare zu „Ein überraschender Besucher: die Trauer.

  1. Sehr eindrucksvoll wie du dieses Erlebnis beschreibst. Ich kann es gut nachvollziehen…oder versuche es zumindest. Wenn man solch eine Geschichte nicht selbst erlebt hat, kann man sicherlich die damit verbundenden Gefühle nur erahnen.
    Dass dein Freund in deinen Erinnerungen weiterlebt, ist sehr, sehr schön!
    Liebe Grüße
    Carolin

    Gefällt 1 Person

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